'Der Kärntner spricht Deutsch'

Die Bedeutung der Anführungszeichen im Filmtitel wird bald ersichtlich. Es war 1938, als der slowenischsprachigen Bevölkerung Kärntens im Zuge des "Anschlusses" der Befehl erteilt wurde, in Zukunft die Sprache des Deutschen Reiches zu sprechen: "Der Kärntner spricht deutsch." Gegrüßt werden sollte fortan, wie die Zeitzeugin berichtet, mit dem Hitler-Gruß - der Nachbar, der zu ihr damals meinte, sie als kleines Mädchen solle es bei einem "Guten Tag" belassen, sollte bald darauf abgeführt werden und das Konzentrationslager nicht überleben.

Andrina Mracnikar lässt Menschen zu Wort kommen, die über ihre Vergangenheit als Teil der österreichischen Geschichte bisher selten gefragt worden sind: Kärntner Sloweninnen und Slowenen, die im Widerstand ebenso waren wie bei der Wehrmacht, die bei den Partisanen im Untergrund kämpften und in Arbeits- und Konzentrationslager deportiert wurden. Menschen, die Massaker über- und das Kriegsende wie die Nachkriegsjahre erlebt haben. Der zeitliche Rahmen konzentriert sich dabei auf die Kriegsjahre 1939-45, und langsam beginnen die einzelnen Erzählungen und Schicksale der Frauen und Männer eine gemeinsame Geschichte zu bilden. Von der Frau, die ihre desertierten Brüder ein Jahr lang versteckte, bis die Familie ins Konzentrationslager deportiert wurde, bis zum Soldaten, der sich aus Angst um seine Familie nicht traute, zu den Partisanen zu wechseln und an die italienische Front versetzt wurde: Es sind Geschichten von Kärntner Sloweninnen und Slowenen im Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime, es sind aber auch Geschichten von Männern und Frauen, deren Elterngeneration nach dem Zusammenbruch des Habsburgerreiches noch für einen Verbleib bei Österreich gestimmt hatten - und die nun dem Schreckensregime der Nazis zum Opfer fielen.

Andrina Mracnikar verlässt sich ganz auf das gesprochene Wort, hier gibt es keine Fotografien von Angehörigen oder Aufnahmen, die etwas dokumentieren sollen, was sich im Gedächtnis der Betroffenen ohnehin für immer eingebrannt hat. Unbewegt verharrt - bis auf eine einzige, umso eindrucksvollere Ausnahme - die Kamera auf den Menschen, nur manchmal fragt die Filmemacherin nach. Das sollten wir alle tun.

(Pressenotiz)

Orig. Titel
'Der Kärntner spricht Deutsch'
Jahr
2006
Land
Österreich
Länge
60 min
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Verschiedene
Untertitel
Englische Sprachversion, deutsche Sprachversion
Credits
Regie
Andrina Mracnikar
Drehbuch
Andrina Mracnikar
Kamera
Thomas Marschall
Schnitt
Paul Schön, Karin Hammer
Produktionsleitung
Gregor Centner
Mitwirkende/r
Ciril Sadovnik, Elisabeth Sitter-Ogris, Anton Pecnik, Maria Olip, Agnes Olip, Lipej Kolenik, Anna Jug, Peter Kuhar
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264)
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
DCP 2K flat
Festivals (Auswahl)
2006
Viennale - Vienna Int. Film Festival