Wie man ruhig wird

Nike, Bilal und Marvin beziehen ein Studio und beginnen voller Idealismus einen Workshop mit jungen MigrantInnen afrikanischer Herkunft. Das Unverständnis der TeilnehmerInnen über die improvisierten Workshops stellt den Sinn des Unternehmens jedoch ebenso in Frage wie die internen Profilierungskämpfe der drei Projektleiter. Als sich zudem eine Liebesgeschichte zwischen Bilal und Nike anbahnt, gerät das labile Gleichgewicht ins Wanken. Das politische Engagement tritt vor den persönlichen Bedürfnissen der drei Projektleiter in den Hintergrund und sie verlieren das Ziel ihres Vorhabens aus den Augen.
In der Enge des Studios spielen sich in kammerspielartigen Szenen gruppendynamische Prozesse ab, wobei stereotype Künstlerrollen ebenso ausgelebt wie dekonstruiert werden. Die provinzielle Idylle der Schauplätze außerhalb des Studios verleiht dem Set einen romantischen Beigeschmack, ohne dass diese Szenarien als Gegenmodell zur abgeschlossenen Welt des Studios wirksam werden können. Auch scheint den Künstlern die soziale Realität außerhalb ebenso fern wie "Afrika" zu sein.
Loretta Fahrenholz und Hans-Christian Lotz inszenieren die Diskrepanz zwischen dem Anspruch an die gesellschaftliche Relevanz künstlerischen Arbeitens und den tatsächlichen Wirkungsmöglichkeiten als somnambul-pubertären Zustand, in dem die Protagonisten zunehmend auf sich selbst zurückgeworfen sind. Durch die Integration unterschiedlichster Bildtypen, Filmgenres, Erzählformen und Inszenierungsarten in einen losen narrativen Rahmen wird Wie man ruhig wird zu einem kaleidoskopisch-reflexiven Film. Gezeichnet wird ein ebenso differenziertes wie ästhetisches Bild einer jungen Künstlergeneration, deren politisches und soziales Interesse durch die stete Selbstreflexion innerhalb des Kunstkontextes ausgehebelt wird.

(Tina Schulz)


Nichts mehr wollen, das ist Glück, sagt Sokrates. Vielleicht ist es aber auch das größte Unglück, wenn nichts mehr etwas gilt, wenn alles Ausdruck ist und nichts mehr Inhalt.

Wie man ruhig wird ist ein fiktionaler Film über drei Künstler, die einen Workshop für junge Migranten leiten. Die drei beziehen ein Atelier und suchen monatelang nach passenden Posen. Sie kleiden sich gut und haschen nach Phrasen, die der Zeitgeist vorbeispült.

Nike: "Und gleichzeitig spiegelt das auch so einen globalen Prozess von kultureller Besetzung."

Marvin: "Und jetzt soll es darum gehen, eine andere Strategie zu verfolgen. Und zwar indem man konsequent das worum es einem geht, von sich weist und was ganz anderes behauptet."

Bilal: "Die Erfahrung von so `nem Prozess. Wie kann ich so ein Zeichen gestalten? Und was für Spielräume und Möglichkeiten hab ich?"

Eine Komödie über das Missverständnis der akademischen Diskursüberlegenheit.

(Maya McKechneay)

Orig. Titel
Wie man ruhig wird
Jahr
2008
Land
Deutschland
Länge
70 min
Kategorie
Fiktion
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Credits
Regie
Hans Christian Lotz, Loretta Fahrenholz
Kamera
Andreas Umpfenbach
Musik
Daniel Neumann, Hans Christian Lotz
Ton
Patrick Franke, Leo Kaufmann
Schnitt
Hans Christian Lotz, Loretta Fahrenholz
Ton
Karsten Rentz
Darsteller*in
Alexander Hempel, Inka Meißner, Carsten Tabel
Licht
Andreas Umpfenbach, Philipp Moritz
Kostüme
Jens Fanslau
Produktion
Loretta Fahrenholz, Hans Christian Lotz
Übersetzung
Oliver Kossatz
Mit Unterstützung von
Kulturstiftung des Freistaats Sachsen
Verfügbare Formate
Betacam SP (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe