Schwarz auf Weiss. Die Rückseite der Bilder

Was wird erinnert? Wie wird die Shoah erinnert? Welche Rolle spielt darin der Umgang mit Bildern? Das kurze Video der Künstlerinnengruppe Klub Zwei problematisiert diese Fragen auf formaler und inhaltlicher Ebene - und zwar mittels eines radikalen Entzugs jener Bilder von denen im Off die Rede ist. Während die Leiterin eines Fotoarchivs Fragen zu Gedächtnis, Bild und Geschichte aufwirft, sehen wir nur Texttafeln auf Schwarz und Weiß. Trotz ihrer prinzipiellen technischen Reproduzierbarkeit ändern sich Bilder, so die These.

Mit jeder Generation des fotografischen Abzugs verschwinden Grautöne - was letztlich bleibt, sind die harten Kontraste von Schwarz und Weiß. Gerade durch den Entzug der Bilder, von denen die Rede ist, wird jedoch die Reflektion über das, was ihren Status als historische Dokumente ausmacht, in Gang gesetzt. Es sei nicht ausschließlich die Vorderseite der Bilder der Vernichtung, die oftmals rein symbolisch eingesetzt werde, sondern die unscheinbare Rückseite mit ihren Stempeln und Vermerken, die Bildern erst ihren Platz in der Welt verschaffe, ihren historischen Kontext und somit auch ihre Bedeutung, argumentiert Klub Zwei. Die Verwendung von Bildern als Ikonen führe hingegen oft genug dazu, sie als bloße Illustrationen der Authentizität zu verwenden. Schwarz auf Weiss insistiert somit auch auf einem umsichtigen Umgang mit Fotos als historische Dokumente. Auch Walter Benjamin forderte als wichtigsten Teil des
fotografischen Bildes seine "Beschriftung (...) ohne die alle photographische Konstruktion im Ungefähren stecken bleiben muss." Fotografien seien etwas, was zu lesen aufgegeben sei, nicht zu sehen, so Benjamin. Schwarz auf Weiss erfüllt dieses Postulat.

(Hito Steyerl)

Orig. Titel
Schwarz auf Weiss. Die Rückseite der Bilder
Jahr
2003
Länder
Österreich, Großbritannien
Länge
5 min
Regie
Klub Zwei
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Englische Sprachversion
Downloads
Credits
Regie
Klub Zwei
Textautor*in
Clément Chéroux
Mitarbeit
Iara Boubnova
Mitwirkende/r
Rosemarie Nief
Sprachaufnahmen
Anna Kowalska
Sprachaufnahmen
Radostina Patulova
Sprachaufnahmen
Sascha Reichstein
Mit Unterstützung von
Georg Schöllhammer, Florian Schmeiser, Richard Ferkl, Friedemann Derschmidt, Iara Boubnova
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,33
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
2003
Wien - Viennale - Int. Filmfestwochen
Venezia - Biennale di Venezia
2004
Graz - Diagonale, Festival des Österreichischen Films
Luzern - VIPER - Int. Film-,Video-& Multimedia-Festival
2005
Iowa City - ICDOCS, Int. Documentary Festival
Marseille - FIDMarseille International Film Festival
Szolnok - Intern. Festival for Fine Arts
Chicago - Women in the Director's Chair