CRASH SITE / My_Never_Ending_Burial_Plot

Im ersten der drei Akte von CRASH SITE läutet plötzlich –und ungelegenerweise – das Mobiltelefon: Jean-Luc ist in der Leitung und fragt nach Anne-Marie. „"Sie ist nicht da"“ und „"Lass mich in Ruhe"“ bekommt der Anrufer in leicht gebrochenem Französisch genervt zu hören. Unschwer erkennbar, verbergen sich hinter den beiden Vornamen Miéville und ihr Mann Godard. Schließlich handelt es sich bei CRASH SITE um den sechsten Teil einer Serie, in der sich Constanze Ruhm mit ikonischen weiblichen Filmcharakteren des modernen Kinos auseinandersetzt. In dieser kurzen, sehr lustigen Sequenz dringt aber auch pointiert das Konstruktionsgeflecht des Filmes durch, welches auf kulturellem Wissen, Auslassungen, Verschiebungen und letztlich Überschreitungen basiert. Beziehungskonflikte jeglicher Art liefern ein loses narratives Gerüst, wobei Diskurse über Tod, Identität, Ökonomie und Liebe immer wieder anklingen. Eine kausale Geschichte im herkömmlichen Sinne existiert nicht, wie auch eine Filmfigur quasi aus ihrer Rolle kippend, eine formale Geste die den gesamten Film prägt, vermerkt: „Sie haben nach der Geschichte gegraben, sind aber nur auf die Vorstellungen anderer gestoßen“.

Konkret treffen folgende Gespenster oder Widergänger der Filmgeschichte aufeinander: Hari (Solaris, Andrej Tarkovsky), Giuliana alias Julian (Il Deserto Rosso, Michelangelo Antonioni) und Nana (Vivre sa Vie, Jean-Luc Godard), wobei neben Rollenzitaten auch stilistische und auditive Elemente des Bezugsmaterials Eingang in den Film finden. Die Figuren bzw. ihre Zuschreibungen tauchen bei Ruhm aber nicht als reine Referenzelemente auf, sondern werden u.a. mit Stilmitteln des Musicals, der Slapstick Comedy, des Mangas oder der Computersprache im besten Sinne des Wortes verunreinigt und fortgeführt. Die Referenz mutiert vielmehr zu einer Geste der Reverenz, einer affektiven Widmung, die mit zeitgenössischen, mitunter biographischen Aspekten angereichert wird. Getrieben von filmischen Gestalten kreiert Ruhm einen faszinierend attraktiven, theatralen Filmraum in Wort, Ton und Bild, der gleichzeitig auch als Performancebühne für drei vorzügliche SchauspielerInnen dient.
(Dietmar Schwärzler)

Orig. Titel
CRASH SITE / My_Never_Ending_Burial_Plot
Jahr
2010
Länder
Österreich, Deutschland
Länge
69 min
Kategorie
Fiktion
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Credits
Regie
Constanze Ruhm
Drehbuch
Constanze Ruhm
Kamera
Dirk Lütter
Kameraassistenz
Lukas Heistinger, Eduardo Lopes
Musik
Ekkehard Ehlers
Schnitt
Constanze Ruhm
Sound
Titus Maderlechner
Schnitt
Christine Lang
Tonassistenz
Stephan Koethe
Tonaufnahmen
Werner Dafeldecker, Eva Reiter
Tonmischung
Titus Maderlechner
Dramaturgische Beratung
Sebastian Huber, Fareed Armaly
Special Effects
Alice Durst
Fotos
Lukas Heistinger, Julia Lazarus, Matthias Herrmann
Darsteller*in
Irina Kastrinidis, Judith van der Werff, Dominic Oley, Gudrun Gut, Erika Hasselberg, Dana Bieler
Grafik
Maia Fleur
Grafik
Felicitas Mueller
Ausstattung
Judith Rudolf
Licht
Mathias Becker
Kostüme
Zarra Kostuem, Simone Simon, Regina Moeller
Make-Up
Dana Bieler
Produzent*in
Constanze Ruhm
Produktionsleitung
Kerstin Brandes
Regieassistenz
Christine Lang
Assistenz
Nico Ihlein, Sabine Balzer
Mit Unterstützung von
Land Niederösterreich, Wien Kultur, bm:ukk, Akademie der Bildenden Künste Wien
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Originalformat)
Festivals (Auswahl)
2010
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Berlin - Int. Filmfestspiele Berlinale - Forum Expanded
Wroclaw - New Horizons Festival
2011
Osnabrück - EMAF - European Media Art Festival