Paris Recyclers

Die so genannte Streetart ist – entgegen ihrem Namen – längst salonfähig: Der britische Graffiti-Star Banksy verewigte sich und sein Werk in einem Kinofilm. Und das honorige Wiener Museumsquartier beauftragte den Guerilla-Fliesenkleber "Space Invader", das Eingangsportal mit seinem Markenzeichen, einem bunten Raumschiff, zu verzieren.
Der Space Invader taucht auch in Nikki Schusters Begehung eines Pariser Straßenzuges auf: Plötzlich schwebt der markante Umriss des Raumschiffs vor einer alten Metalljalousie. Doch hier haftet er nicht am Untergrund, sondern ändert flatternd seine Form, die sich alten Käseverpackungen zusammensetzt.
Die Animationskünstlerin Nikki Schuster zitiert Streetart, wenn sie gleich in der ersten Einstellung auf ein Stencil, ein schablonen-gesprühtes Logo auf dem Gehsteig, schwenkt. Doch die bunten Markierungen im öffentlichen Raum sind ihr nur Bühne für ein Ballett der Übersehenen: kleine Kreaturen aus Straßenabfall, die rappelnd, klingelnd und ratternd ihre Choreographie vor der Kamera vollführen.
Gebaut sind die Müllmonster aus gefundenen Objekten, die in Einzelbildschaltung vor der Kamera animiert, und anschließend am Computer zusammengesetzt wurden. Auch der Sound ist ein gefundener, eine Mischung aus Straßengeräuschen, Kindergeschrei, den Weisen eines Straßenmusikers im Background. Die Laute der kleinen Wesen, die wie Kobolde vor der Kamera hüpfen, generieren sich wiederum aus dem Eigenklang des jeweiligen Materials: Ein altes Magnetband knistert, Schlüssel klirren, Flaschenverschlüsse scheppern metallisch, der Zucker raschelt im Papierpackerl und Champagnerkorken knirschen in ihrer Aluminiumverdrahtung.
So erweist sich das pittoreske Paris, in dessen Straßenbild sich mittlerweile auch die Graffitis nahtlos einfügen, bei genauerer Betrachtung als Biotop, besiedelt von sehr vitalen Bastarden des menschlichen Konsumismus. Sie hausen überall, in Mauerritzen, Plakatfalten, Abflussrohren. Und geben, während an der Oberfläche ein Straßenmusiker sein Chanson-Repertoire abspult, ihr eigenes, schmuddlig-kratzendes Konzert.

(Maya McKechneay)



Paris Recyclers ist ein experimentelles Filmportrait über die kulturellen, sozialen und urbanen Strukturen von Paris.
Abstrakte Kreaturen erscheinen in Close-Up Aufnahmen von Paris und performen zu Tonaufnahmen aus dem urbanen Umfeld. Die Kreaturen sind konstruiert aus in Paris gesammelten, animierten Objekten, zum Beispiel Straßenabfall, Verpackungen, lokalen Produkten oder Souvenirs. Mit jedem Szenewechsel werden neue Tonaufnahmen hörbar und geben somit verschiedene akustische Stadteindrücke wieder.
Animiert wurden die Objekte in Stop-Motion Technik am Tricktisch. Dabei wurden sie in alle drei Dimensionen bewegt. Diese Modulclips wurden digital zu abstrakten Kreaturen kombiniert, zu sogenannten "Recyclers". Die Figuren sind somit 100 % recycled aus authentisch lokalem Material.
Jedes Objekt ist mit einem Geräusch vertont, das mit dem Objekt selbst erzeugt wurde.
(Nikki Schuster)

Orig. Titel
Paris Recyclers
Jahr
2011
Land
Österreich
Länge
5 min 39 sek
Kategorie
Animation
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
Credits
Regie
Nikki Schuster
Ton
Nikki Schuster
Tonmischung
Sebastian Müller
Animation
Nikki Schuster
Produzent*in
Nikki Schuster
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2011
Wien - Tricky Women / Animationsfilmfestival
Linz - Crossing Europe Film Festival
Victoria - Antimatter Underground Film Festival
Vilnius - Tindirindis International Animated Film Festival
Cork - Int. Film Festival
Basel - Clair-obscur Filmfestival
Milano Aiace - Invideo
Leuven - Short Film Festival
Badalona - Internacional de Filmets