Beirut Blend

„Blend“, das ist der Verschnitt einer Tabaksorte, die unter dem glühenden Stein der im Zentrum des Films stehenden Wasserpfeife an sechs Orten Beiruts vor sich hin glimmt. „Blend“ bedeutet aber auch „vermengen“, sich „vermischen“, eine „Melange“ ergeben. Eben diese entsteht in 30 Minuten zurückhaltender schwarz-weiß Kompositionen, in denen die portraitierten Menschen über die Notwenigkeit täglichen Sports ebenso reden wie über das Vermögen Gaddafis, den arabischen Frühling, den Nahostkonflikt oder die Geschlechterverhältnisse vermeintlich postmoderner Gesellschaften.

Was sich in Fritz Ofners Film vermengt, ist das Persönliche mit dem Politischen, das Anekdotische mit dem Konkreten, das Kundtun von Meinungen mit der Präsenz materieller Orte. Dabei nimmt der Film selbst die Form des entspannten Tabakkonsums an, atmet mit jedem Gespräch fragmentarische Gedanken der Menschen Beiruts im Frühling 2011 ein, um zwischen diesen in an Ozu Yasujirō erinnernde Pillow-Shots der Stadt entspannt auszuatmen.

Das gemeinsame Shisha rauchen sei nur ein Vorwand, den die Menschen brauchen, um zusammen zu kommen, sagt ein Mann, entspannt zurückgelehnt den kühlen Rauch ausatmend. Tatsächlich scheint es so, als werde das Mundstück der Wasserpfeife zum Mikrofon, in das man hinein spricht, um sich der Welt und dem Gegenüber mitzuteilen. Und so wie dieses Mundstück als Medium zwischen den Leuten fungiert, die im Film in unterschiedlichsten Konstellationen zu diesem Ritual zusammenkommen, wird das Ritual zum Medium zwischen uns und ihnen. Man wartet nur darauf, dass das Mundstück an uns weitergereicht wird und der ausgeatmete Rauch vor der Kamera hervortritt und uns so zum Teil dieser Gespräche macht. Als Hommage an Jim Jarmuschs Coffee and Cigarettes unübersehbar, ist Beirut Blend über das Rituelle und Zitathafte hinaus ganz einfach auch ein zeitgeschichtliches Dokument – von Dingen, Meinungen, Momenten und einer ganz bestimmten Art, sich über das Medium der Shisha kund zu tun.

(Alejandro Bachmann)


Manchmal reicht schon eine Zigarettenpause. Eine Pause von den Kümmernissen des Alltags. Nur eine kleine Pause. So tun, als könne man die Welt kurz anhalten, um wieder durchzuatmen. In Beirut Blend vermischen sich unterschiedliche Stimmen. Der in weichem und doch präzisem Schwarz-Weiss gedrehte Film ist ein Fragment einer Welt, die einmal zu oft von einem Krieg eingeholt wurde. Der Regisseur hat zumeist in Winkeln von Bars oder Gärten gefilmt und schliesst sich den Gesprächen von Menschen an, die über die Ereignisse im Zusammenhang mit dem sogenannten Arabischen Frühling und anderen Themen der Weltpolitik sprechen. Einige ergehen sich in faszinierenden Verschwörungstheorien, während andere davon träumen, wegzugehen – und sei es nur für kurze Zeit. Beirut Blend gelingt diese schwierigste aller Übungen: das Porträt einer historisch akkurat nachgezeichneten Situation, während gleichzeitig angehört wird, was die Leute zu sagen haben. Diese kleinen Fragmente des Friedens werden somit zu Hoffnungszeichen. Hoffnung, dass es immer noch eine Chance für eine Welt gibt, in der Rauchen oder Plaudern nicht nur eine kleine Pause, sondern die Normalität in einem Alltag ohne Angst vor einem erneuten Krieg sind.

(Synopsis)


Beirut im Frühling 2011: eine Melange an Menschen, Meinungen, Plätzen. Zwischen refrainartig montierten Stadtaufnahmen fokussiert Fritz Ofner kurzzeitige Zusammenkünfte. Beim gemeinsamen Shisha-Konsum verknüpft sich das Private der Rauchenden mit dem Politischen, anekdotenhaft erschließen sich sehr persönliche Horizonte. Geschichten werden eingesogen und im Blick über den Beiruter Stadtraum wieder ausgeatmet.

(Diagonal Katalog, 2013)

Orig. Titel
Beirut Blend
Jahr
2012
Land
Österreich
Länge
28 min
Regie
Fritz Ofner
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Arabisch
Untertitel
Englisch
Downloads
Credits
Regie
Fritz Ofner
Konzept & Realisation
Fritz Ofner
Produktion
Fritz Ofner
Mit Unterstützung von
Wien Kultur, bm:ukk
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
Dolby Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Blu-ray (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Dolby Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Digital File (prores, h264)
Festivals (Auswahl)
2012
Villach, Udine, Ljubljana - K3 Short Film Festival
2013
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Nyon - visions du réel - Festival Int. du Cinéma Documentaire
Wien - VIS Vienna Independent Shorts
Vukovar International Film Festival