Das neue Kostüm

Falls Kleider tatsächlich Leute machen, darf man auf ein neues Kostüm besonders gespannt sein. Denn ein neues Gewand verändert nicht nur die äußere Erscheinung, sondern hat auch unsichtbare Auswirkungen. Vielleicht hat Friedl vom Gröller sich ihr neues Kostüm ja deshalb in ihren psychoanalytischen Praxisraum bestellt, wo kein Spiegel ein äußerliches Abbild zurückwirft, sondern Familienangehörige und Freunde der Anprobe beiwohnen. Langsam fährt die Kamera die Gesichter der Frauen und Männer – darunter vom Gröllers Mutter Lore Bondy, ihre Tochter Louise Kubelka und ihr späterer Mann Georg Gröller – ab, die es sich sitzend oder gar auf der Couch liegend gemütlich machen, bis die Schneiderin stolz das neue Kleidungsstück präsentiert. Nach der förmlichen Begrüßung beginnt die Kundin und Gastgeberin sich zu entkleiden, doch noch während die Kamera vergeblich nach Reaktionen der Anwesenden Ausschau hält, wechseln die Filmbilder zu Fotografien (aufgenommen von Louise Kubelka) als eine Abfolge von Standbildern. Obwohl dieser Wechsel einem technischen Malheur geschuldet ist („Meine 16mm-Kamera funktionierte plötzlich nicht mehr, und wir behalfen uns mit der Photokamera Nikon und mit meiner S-8 Kamera“), erweisen sich eben diese Foto-Bilder als Glücksfall: Die Momentaufnahmen fungieren als zeitliche Verdichtung der „Verwandlung“ vom Gröllers, begleitet von Großaufnahmen ihres rauchenden Publikums – bis die Filmkamera unvermittelt wieder ihre Arbeit aufnimmt und die Schneiderin mit dem richtigen Platzieren des Kragens das Werk vollendet. Ein neues Kostüm anlässlich der Überreichung des Österreichischen Staatspreises für Fotografie an die Künstlerin – die Bilder des Films stammen aus dem Jahr 2005; oder aber eine wunderbare kleine Studie über Blicklust und Psychologie anlässlich der Überreichung eines Kleidungsstückes.

(Michael Pekler)


Für die Lieferung meines "Neuen Kostüms" durch die Schneiderin (2005, Staatspreisanlass), habe ich in meinen psychoanalytischen Praxisraum meine Mutter Lore Bondy, meine Tochter Louise Kubelka, meinen späteren Mann Georg Gröller, Jancsi Szenyi und zwei Freunde eingeladen.
Meine 16mm Kamera funktionierte plötzlich nicht mehr und wir behalfen uns mit der Photokamera Nikon und mit einer S-8 Kamera. Nach vielen technischen Umwegen und mit der Hilfe Albert Sackls (Schnitt 2013) fand der Film zu seiner jetzigen Form.
Meine Idee war meine Filmkamera einfach in mein Leben mitzunehmen. Mein mich teilweise Entkleiden vor Publikum war Herausforderung für mich selbst und Überraschung für die Anwesenden. Die Aktion könnte auch als Phantasie oder Traum während einer psychoanalytischen Sitzung gedeutet werden.

(Friedl vom Gröller)

Orig. Titel
Das neue Kostüm
Jahr
2013
Land
Österreich
Länge
2 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
kein Ton
Downloads
Credits
Regie
Friedl vom Gröller
Konzept & Realisation
Friedl vom Gröller
Schnitt
Albert Sackl
Mit Unterstützung von
Innovative Film Austria
Verfügbare Formate
16 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stumm
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
2014
Berlin - Int. Filmfestspiele Berlinale - Forum Expanded
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Hamburg - Int. Kurzfilm-Festival & No Budget
Bruxelles - Festival L´age d´or