Seemannsbegräbnis

Eine Mülldeponie, irgendwo in der Vorstadt: Zwei Menschen durchsuchen die dreckigen Container auf Tauschbares, ohne Zeitdruck, ohne große Ambition. Was sie finden, wirft wenig Geld ab, wohin sie fahren, hängt von ihrer Laune ab: Szenen aus dem Leben zweier Drifter, zweier Heimatloser, die sich mit improvisierten Glücksspielen, harten Drogen und der vagen Hoffnung auf den jeweils nächsten Tag, der wieder ein paar Hunderter bringen könnte, über Wasser halten. Photos aus einem anderen Leben, aus einer anderen Welt tauchen nebenbei, wie böse Kommentare auf: Alain Delons Gesicht, aus Melvilles Gangsterfilm Le samouraï, trägt einer der Helden mit sich herum, der andere findet alte Pin-up-Postkarten auf der Müllhalde. Mit dem, was in diesem Film passiert, mit den Schlägereien auf schmierigen Pissoirs und den deprimierenden Zufallsbegegnungen mit dem Tod, haben diese Photos nichts zu tun: Der Glamour und Hollywoods Star-Stilisierungen, das sind nur noch schöne Utopien, die schnelle letzte Fluchtbewegungen erlauben, wenn das Vertrauen in die Welt versagt.

Valentin Hitz, Regisseur und Autor dieses kurzen Films über die Unterstandslosigkeit, vertraut dem Realismus, wo die Geschichten des Kinos nicht zwangsläufig alles erklären müssen, wo die Dinge vorläufig bleiben und die Welt noch nicht hermetisch abgeriegelt ist. Kein langes Moralisieren, kein Plädoyer für oder gegen irgendwas: ein Film, der stattdessen auf die Wirklichkeit schauen läßt und in Gesichter, denen man wieder glauben möchte. Am Ende steht ein kleines Ritual in der Kälte, ein letzter gelassener Hinweis darauf, daß der Kampf gegen die Unmenschlichkeit auch (oder: gerade) im scheinbar ganz Sinnlosen lebt.

(Stefan Grissemann)


Seemannsbegräbnis ist die Reise des dreißigjährigen Rumtreibers Gips und des vierzehnjährigen Junkies Sebastian durch die nachweihnachtlichen Mistkübel der Stadtrandzonen. Ihre spröde Freundschaft ist gekennzeichnet von Abhängigkeiten. Beim Wühlen nach Verwertbarem finden sie ein weggeworfenes Baby. Um den Tod des Kindes zu würdigen, verlassen sie die Stadt und bestatten es auf dem Land.

(Synopsos)

Orig. Titel
Seemannsbegräbnis
Jahr
1995
Land
Österreich
Länge
19 min
Kategorie
Kurzspielfilm
Orig. Sprache
Deutsch
Credits
Regie
Valentin Hitz
Drehbuch
Valentin Hitz
Kamera
Oliver Strassl
Ton
Torsten Heinemann, Chris Krikellis
Schnitt
Torsten Heinemann
Darsteller*in
Frau Dreiner, Haymon Maria Buttinger, Chris Krikellis, Roger Studer, Ingolf Müller, Stefan Bohun, Jo Duebell
Ausstattung
Stefanie Wilhelm
Licht
Ramsy Abda-Tirko
Kostüme
Christof Cremer
Produktion
Maria Arlamovsky
Regieassistenz
Antonin Svoboda
Verfügbare Formate
16 mm (Originalformat)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
24 fps
16 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
24 fps
Festivals (Auswahl)
1995
Wien - StudentInnenfilmfestival
Kiew - Molodist Int. Film Festival
Namur - Festival Int. du Court Métrage
Salzburg - Diagonale - Festival des Österreichischen Films
1996
Triest - Alpe Adria Cinema - Film Festival
Clermont-Ferrand - Festival de Court Metrage
Seine-St.Denis - Côté court
Nantucket - Film Festival
New Orleans - Film & Video Festival