48 KÖPFE AUS DEM MERKUROV MUSEUM (nach Kurt Kren)

Wirklichkeiten variieren – so ließe sich eine wesentliche Vorgehensweise von Anna Artaker umschreiben, bei der es ihr oftmals um eine Relativierung von historiografischen Konstellationen geht. In einer intensiven Beschäftigung mit Totenmasken, die der sowjetische Bildhauer Sergej Merkurov (1881–1952), ein Schüler von Auguste Rodin, angefertigt hat, übersetzt Artaker diese in verschiedene mediale Ausformungen. Die Masken stammen aus dem Merkurov-Museum im armenischen Gyumri und bilden ein außergewöhnliches »Archiv der Gesichter«, zumal die (vorwiegend männlichen) Vertreter aus Kultur und Politik sowohl für progressive als auch totalitäre Tendenzen des Sowjetregimes stehen.

Als Serien oder in stereoskopischen Schaukästen präsentiert Artaker Fotografien dieser Masken, wodurch sie auf den spezifischen Zusammenhang der einzelnen Porträts sowie auf die Dreidimensionalität des Ausgangsmaterials Bezug nimmt – und zugleich die differente Materialität betont. Dennoch besteht eine besondere Nähe zwischen fotografischem Bildprinzip und jenem des Abdrucks als Reproduktionsverfahren, was sich auch im Hinblick auf die filmischen Bearbeitungen zeigt, die Artaker explizit mit Kurt Krens Film 48 Köpfe aus dem Szondi-Test (1960) in Verbindung setzt: Kren führt den projektiven Persönlichkeitstest des ungarischen Psychiaters Leopold Szondi aus dem Jahre 1937 ad absurdum, indem er das dem Experiment zugrundeliegende Prinzip von Ähnlichkeit und Wiedererkennung anhand von einzelnen Porträtfotos durch die rasante Schnittfolge verunmöglicht. Diese Konfrontation unterschiedlicher Referenzen und deren Kontexte veranschaulicht, was Artaker ein Anliegen ist: eine kritische Revision, die immer auch eine Auseinandersetzung mit Visualisierungsprozessen meint.
(Naoko Kaltschmidt)

Orig. Titel
48 KÖPFE AUS DEM MERKUROV MUSEUM (nach Kurt Kren)
Jahr
2012
Land
Österreich
Länge
4 min 19 sek
Regie
Anna Artaker
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Anna Artaker
Konzept & Realisation
Anna Artaker
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Tonformat
Stumm
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
2012
Viennale - Vienna Int. Film Festival
2013
Ann Arbor - Film Festival
Toronto - IMAGES - Independent Film & Video Festival
Windsor - Media City
Victoria - Antimatter Underground Film Festival
Denver - Int. Film Festival
Kassel - Dokumentarfilm- & Videofest