Entropie

Entropie ist ein Film, der sich im Kreis dreht. Auf einer Party wird schon seit einer Weile gefeiert: Menschen hängen rum, trinken und rauchen. Sie führen anspruchsvolle Gespräche über Musiktheorie und Kunstkritik. Sie wollen etwas bedeuten und deswegen streiten sie sich. Am Ende ist das natürlich allen egal. Der Beat geht weiter. Menschen außer sich, ein Raum im Loop. Seit Tagen keine Veränderung. Unterbrochen wird dieses monotone Treiben immer wieder durch Nahaufnahmen von Pflanzen und Computerbildschirmen. Eine Off-Stimme wiederholt Textpassagen über Thermodynamik und Entropie, ähnlich hochgestochen wie die am Ende inhaltsleeren Dialoge der Protagonisten. Beide Ebenen relativieren und kommentieren sich gegenseitig. Und auch wenn sie auf einen größeren Zusammenhang hindeuten mögen, endet jeder Versuch, die Unterhaltung auf die Metaebene des Kommentars zu hieven, einfach nur auf einer weiteren Ebene. Just another round.

Der Film ist montiert aus unzähligen Zitaten und Samples, die solange durch die Mangel gedreht werden, bis sie gar nichts mehr bedeuten: Songtitel werden zweckentfremdet, Interviewfragmente dekontextualisiert und aus Wikipedia-Einträgen werden präpotente Besserwisserslogans exzerpiert. Am Ende ist hier alles übernommen und wiedergekäut, nicht nur einmal. Denn auch die Techniken der Aneignung sind ihrerseits nur wieder angeeignet: Selbst das Denken zweiter Ordnung zitiert sich Entropie aus einem kunstkritischen Aufsatz herbei. Die „Aneignung der Aneignung“ wird anderen in den Mund geschoben, das Paket immer weiter weitergegeben. Jede Form irgendwann einmal kritisch gemeinten Sprechens ist längst zur leeren Phrase geworden. Das Spiel, das hier gespielt wird, heißt völlige Entleerung zur Form.

Holzschnittartig und unbeseelt stolpern die Charaktere, die diese Sprache sprechen müssen, in statischen Kameraeinstellungen durch hochgradig ästhetisierte Bilder. Sie drehen erst hoch und dann durch. Dabei ist alles ganz wunderschön und gutaussehend. Alles ist richtig – zumindest sieht es so aus. Denn am Nullpunkt passiert immer genauso viel wie wenig.
(Dominikus Müller)

Orig. Titel
Entropie
Jahr
2012
Land
Österreich
Länge
12 min
Kategorie
Kurzspielfilm
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Downloads
Entropie (Bild)
Entropie (Bild)
Entropie (Bild)
Credits
Regie
Nadim Vardag, Michael Franz
Drehbuch
Michael Franz, Nadim Vardag
Kamera
Hannes Böck
Musik
Isaac Bigsby Trogdon, Andreas Reihse
Schnitt
Jan Martiensen
Ton
Cordula Thym
Schnitt
Nadim Vardag
Tonmischung
Jochen Jezzusek
Darsteller*in
Alexander Lieck, Julia Hohenwarter, Dominikus Müller, Hans-Jürgen Hafner, Catharina Wronn
Licht
Hannes Böck
Produktion
Nadim Vardag, Michael Franz
Mit Unterstützung von
Stiftung Kunstfonds
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Dolby Digital
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Festivals (Auswahl)
2013
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films