Nella Fantasia

Am Anfang steht ein Bild von undurchdringbarem Hellgrau: Nebel, der sich nicht lichtet. Oder eine Wasserfläche? Dazu tönt Synthesizermusik und macht Referenzpunkte auf, die auf den narrativen Spielfilm verweisen: Spielbergs Close Encounters of the Third Kind, oder, wenn auch entfernt, Kubricks Apocalypse Now. Die Undurchdringbarkeit betont die Zweidimensionalität der Bilder, die sich in weiterer Folge aus dem Spiel zwischen panoramatischem Ausblick und beinahe klaustrophobischer Enge entwickeln. Der Fluchtpunkt ist so stark verschoben, dass buchstäblich die Perspektive fehlt. Am spektakulärsten passiert dies in einer Aufnahme von grau und kupferfarben glänzenden Metallstangen, die aus oder ins Wasser ragen, von Wellen und Gischt umtost. Ein Maschinenblick – das Vertovsche Kameraauge – entwirft solch ein Bild, ermöglicht diese Wahrnehmung. Es entwirft eine Welt, die fragmentarisch ist, sich wiederholt, und in der die Dinge seltsam beseelt erscheinen. Alles vibriert, klingt, entwickelt ein Eigenleben, eine Präsenz, in die sich die der vereinzelt anwesenden Männer nahtlos einfügen kann. Erst rückwirkend, nach einigen Einstellungen, die beinahe alle mit fixer Kamera gedreht sind, enthüllt sich der Ort des „Geschehens“: eine Bohrplattform vor der Küste Norwegens.

Doch was geschieht tatsächlich? Meeresrauschen, Stürme, Tag und Nacht, die einander abwechseln; Licht und Dunkel, und Zeit, die eingeteilt und verbracht werden muss, um die Einsamkeit erträglicher zu machen. In all das brechen Kitsch und Pathos der Musik ein, und eines Liedes, das schließlich gegen Ende voller Inbrunst vorgetragen wird: „Nella fantasia io vedo un mondo chiaro, Lí anche la notte è meno oscura.“ Dies offenbart nicht nur auf metaphorischer Ebene die Absurdität dieses Unterfanges angesichts der Naturgewalten. Hier wird ebenso die Vermischung erzählerischer Tropen und Genres offenbar, die das Kino immer noch zur großen Fantasie- und Wunschmaschine machen kann.

(Claudia Slanar)

Orig. Titel
Nella Fantasia
Jahr
2012
Länder
Österreich, Deutschland
Länge
55 min
Regie
Lukas Marxt
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
Credits
Regie
Lukas Marxt
Videographie
David Jansen
Musik
Ennio Morricone
Sound Design
Marcus Zilz
Farbkorrektur
Quimu Casalprim
Produzent*in
Lukas Marxt
Mit Unterstützung von
RWE Stiftung
Verfügbare Formate
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
Stereo
Farbformat
Farbe
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2013
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Jeonju - International Film Festival
Zagreb - 25fps Film & Video Festival
Duisburg - Duisburger Filmwoche