Rising

Performance-Künstler/innen sprengen gerne die Grenzziehungen zwischen körperlichem Subjekt und seinen ungeliebten Ausscheidungen, um eine vermeintlich strahlende Oberflächlichkeit zu dechiffrieren. In den 1960er-Jahren begannen sie erstmals ihre Rebellion gegen repressive gesellschaftliche Verhältnisse, indem sie öffentlich pissten, schissen oder bluteten. Stefan-Manuel Eggenweber arbeitet in Rising nicht mehr mit Schock, Schmerz und Ekel, um einen Dialog über den herrschenden Unsinn zu pflegen. Er setzt sich ironisch über die geltenden Konventionen des guten Geschmacks hinweg: trashig und provokativ. Eine hässlich verschminkte Person mit ungepflegtem Bart und blumigen Kleidern sowie glitzerndem Schmuck – eine Figur also zwischen Glamour und Klamauk – schaut mit unschuldigem Blick in die Kamera bevor sie zu rezitieren anhebt. Der Performer führt selbst die Kamera, spricht das Objektiv und uns direkt an, ja fordert dazu auf, endlich das Verdaute nach oben kommen zu lassen, aufsteigen zu lassen. Wiederholt als eine Art Refrain fungiert die Zeile: "From the stomach in your chest through your throat to the world" und bald wird deutlich gemacht und vorgeführt, dass er tatsächlich kotzen meint. Zurückkotzen als flüssiger Schrei aus dem geographischen Süden, dem Untergrund, dem Magen. Grausige grünbraune Brühe drückt er heraus, dann wird das Bild unscharf und die Sprachkunst übernimmt als geschriebener Text die Hauptrolle. (Brigitta Burger-Utzer)

In dem Video Rising, gehe ich von der Grundannahme aus, dass der Körper aus dem Gesichtspunkt einer nördlichen (westlichen) Gesellschaft einer hierarchischen Aufteilung unterzogen wird. Kopf und Oberkörper werden demnach mit dem geografischen Norden assoziiert, während alles von der Magengegend abwärts, insbesondere Arsch und Arschloch auf den geografischen Süden projiziert wird.
Diese hierarchische Zuordnung lässt sich auch auf anderen ebenen der Gesellschaft denken. So lässt sich argumentieren, dass Minderheiten und Unterdrückte Gruppen dem Territorium des Magens zugeordnet, unterdrückt, verdaut und ausgeschieden werden. Der Mund wäre dementsprechend Territorium einer, gesellschaftlichen Normen entsprechenden, nördlichen Oberschicht, die auch als einzige gehört wird, weil in einer nördlichen Mehrheitsgesellschaft nur der Mund als kommunizierendes Körperteil anerkannt ist.

In Rising suche ich nach einer Möglichkeit der Sichtbarmachung und Sprache aus einer unterdrückten Position heraus und stoße dabei auf das Bild des Kotzens. Des Hochpressens des bereits verdaut geglaubten, der Invasion des Mundes durch Mageninhalt, der Aneignung des Mundes durch eine Gegensprache, rau, aggressiv und deutlich. "The northern mouth fills with liquid south. Let the puke rise." (Stefan-Manuel Eggenweber)

Orig. Titel
Rising
Jahr
2018
Land
Österreich
Länge
4 min
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Englisch
Downloads
Rising (Bild)
Rising (Bild)
Rising (Bild)
Credits
Regie
Stefan-Manuel Eggenweber
Konzept & Realisation
Stefan-Manuel Eggenweber
Performer*in
Stefan-Manuel Eggenweber
Verfügbare Formate
DCP 2K flat
Bildformat
16:9
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2019
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films