Der Angriff des Alfred Edel auf sich selbst

Ungreifbar, allen Kategorien fremd zu bleiben, das muss den niederbayerischen Schauspielexzentriker Alfred Edel (1932–1993) angetrieben haben. Alexander Kluge entdeckte ihn für Abschied von gestern (1966), in den 1970er- und 1980er-Jahren stieg Edel zum gut gebuchten Darsteller des Neuen Deutschen Films auf, spielte kuriose Nebenrollen auch in Filmen von Herzog, Klick, Syberberg, Treut, Achternbusch, Straub/Huillet und Schlingensief. Wobei: Spielen ist nicht der richtige Ausdruck für das, was Edel vor der Kamera tat. Denn er trat stets nur in jene Kunstfigur über, die er – wenn sie mit ihm nicht ohnehin ident war – früh für sich erfunden haben musste. Denn Edel war Edel, in welchen Zusammenhängen er auch auftrat. 

Der nachgeborene Filmemacher Jan Soldat – er war neun Jahre alt, als der geniale Dilettant an einem Herzinfarkt starb – hat mit Der Angriff des Alfred Edel auf sich selbst eine Archivkomposition angefertigt, aus zahllosen Performance-Bruchstücken eine ironische, scheinbiografische Passage montiert. Die erste Minute über bleibt Edel hier unüblich stumm, man sieht ihn über einen Flughafen hetzen, eine Tafel signieren, bei Tisch sitzen. Dann erst beginnt er zu reden – und findet zu sich: zu diesem prägnanten Tonfall, diesem mit süffisantem Grinsen betriebenen nachdrücklichen Sprechen, zu einer Serie von Proklamationen, nah am Hysterisch-Cholerischen. Edel versinnbildlicht in seiner Persona eine spezifisch deutsche, immer zugleich dargestellte und kommentierte Geschichte, die das Spießbürgerliche ironisiert und fürs Bizarre plädiert. Außenseitertum, Biedermännlichkeit und Totalexzess finden in Edel zueinander. Soldat sieht Nonsens und Tiefe, hat Edels Filmsplitter entfärbt, wie um zu demonstrieren, dass die Farbenpracht einer colorful personality nicht außen liegt, sondern in deren Wesenskern. Er zeigt Aufruhr, Sexualität und Tod, auch Bilder der realen Edel-Beerdigung; die Auferstehung des Selbstdarstellers folgt daraus logisch. (Stefan Grissemann)

Orig. Titel
Der Angriff des Alfred Edel auf sich selbst
Jahr
2025
Länder
Österreich, Deutschland
Länge
15 min
Regie
Jan Soldat
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Jan Soldat
Konzept & Realisation
Jan Soldat
Produktion
Jan Soldat
Mit Unterstützung von
Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport / Federal Ministry for Arts, Culture, the Civil Service and Sport, Stadt Wien Kultur
Verfügbare Formate
DCP 2K (Distributionskopie)
Bildformat
4:3
Tonformat
Mono
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
s/w