moon blink

Das exklusiv mit Code generierte Video unterlegt dessen Handlungsmodell einen eigentümlich ästhetischen Dezisionismus. Zunächst ist es die Bewegung, die irritiert. Die wellenförmig ungeordneten Abläufe von Linien stabilisieren sich zwar zu streng regelhaften, stets aufwärts verlaufenden Bewegungsmustern von weißen Balken (und ihren Schatten, vergleichbar Opus IV von Walter Ruttmann), doch in der zunehmenden Akzeleration wird der Blick seiner Gewissheit enthoben, verliert die Möglichkeit, zu differenzieren. Er flattert, so wie die schwarzen und weißen Balken, die nun auch wieder wellenförmig und vor allem unscharf werden. Eine Unschärfe, die scheinbar die Voraussetzung dafür ist, dass sich im schnell bewegten Graugemisch der Linien eine neue Qualität einstellt. In dieser Phase wird eine Art Situationspotential (Francois Jullien) erzeugt, das aus den Operationen der sich aktualisierenden Bildsituation unerwartet ein neues Potential ermöglicht, ein Potential aus Farbigkeiten, Farbwerten etwa. Und die Situationen ändern sich nun fortwährend, die Geometrie krümmt sich, wird physikalisch, der Code scheint seine eigenen Parameter zu unterlaufen und ein Energiefeld entstehen zu lassen, das ihn nicht mehr der Mathematik, sondern der Physik unterwirft. In gewisser Weise verschwindet er hinter seinen Äußerungen. Die Arbeit »zitiert« die Außenwelt des frühen Experimentalfilms – die am Tisch gezeichneten Samples – wie auch die Innenwelt physikalischer Erscheinungen – Farberscheinungen, Energiefelder, Licht- und Tonrauschen. Doch, und anders gesagt, ist das, was wir sehen, zuvorderst die Austragung mathematischer Triebkräfte, die natur-ähnlichen Logiken folgen. Die algorythmisch komponierte und bewegte Welt Kohlbergers liebt es, in ihrer graphisch-visuellen und akustischen Überbietung auf ihr unbegrenztes Mutationspotential hinzuweisen, sinnliche Verausgabung und mentales Rauschen ebenso hervorzubringen, wie ästhetisches Kalkül und verschleierte Ordnungen.
(Marc Ries)

Weitere Texte

Jury statement - Best European Short / New Horizon Festival Wroclaw 2015 / PL (Preis (Auszeichnung))

This film is essential cinema in its most distilled form. A cinema that operates on tensions: between the screen and the space; between the minimal and the baroque; between control and freedom. A narrative that is created out of pure abstraction. The jury gives first prize to Rainer Kohlberger for his film moon blink.

Jury Members:
Pamela Cohn, Julian Ross and Jakub Woynarowski

Jury-Begründung - Köln Kurzfilmfestival (Preis (Auszeichnung))

Deutscher Wettbewerb: Zweiter Jurypreis

Moon Blink ist ein Experimentalfilm, der uns auf Anhieb überzeugt hat.
Rainer Kohlberger macht ein Video ohne Kamera: Anhand von digitalen Algorithmen und mathematischen Formeln schafft er eine Abfolge von Bild und Ton, die keine offensichtliche Geschichte, aber eine klare Dramaturgie verfolgt.

Wir folgen einer Metamorphose: Zunächst sehen wir schwarz-weiße Balken, die sperrig und monoton über die Bildoberfläche huschen. Aus Balken werden feinere Linien. Die Übergänge verlaufen fließend: aus Linien werden Wellen, aus Wellen entstehen neue Formen, die wiederum neue Farben und sich zuspitzende Eindrücke gebären, um schließlich in einer Katharsis zu münden. Katharsis deswegen, weil es dem Film zuvor gelingt, einen abstrakten Spannungsbogen aufzubauen. Unterstützt durch eine eindringliche tonale Ebene, schafft es der Film, einen sofortigen Sog zu entwickeln.

Wir haben uns für Moon Blink entschieden, weil wir ihn auch als einen Appell ans Loslassen verstehen. Sich auf diesen Film einzulassen bedeutet auch, sich auf eine 10- minütige Reise ins Ungewisse zu begeben: Sinnlich. Intuitiv. Existentiell.

Hut ab: Moon Blink ist großes, digitales Kino.

Jury: Anna Brohm, Ilker Catak, Jonas Weydemann
Orig. Titel
moon blink
Jahr
2015
Länder
Österreich, Deutschland
Länge
10 min
Kategorie
Avantgarde/Kunst
Orig. Sprache
Kein Dialog
Downloads
moon blink (Bild)
moon blink (Bild)
moon blink (Bild)
Credits
Regie
Rainer Kohlberger
Konzept & Realisation
Rainer Kohlberger
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
16:9
Tonformat
Dolby 5.1.
Bildfrequenz
30 fps
Farbformat
Farbe
Festivals (Auswahl)
2015
Rotterdam - Int. Filmfestival
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films
Linz - Crossing Europe Film Festival
Osnabrück - EMAF - European Media Art Festival
Annecy - Festival Int. du Cinema d'Animation
Hamburg - Int. Kurzfilm-Festival & No Budget
Wroclaw - New Horizons Festival (Main Award Europ Short Film Comp + London Film Academy Award)
Vila do Conde - Festival Internacional de Curtas-Metragens
Santiago de Compostela - Curtocircuito
München - UnderDox, Festival für Dokument und Experiment
Timisoara - Timishort Film Festival
Kassel - Dokumentarfilm- & Videofest
Köln - Unlimited Kurzfilmfestival (Zweiter Jurypreis)
Tallinn - Animated Dreams / Black Night Film Festival
Ljubiljana Animateka - Int. Animation Film Festival
Wien - VIS Vienna Independent Shorts (ASIFA AWARD)
2016
Poznan - Shorts Waves Festival
Bratislava - Febiofest
Glasgow Short Film Festival
Utrecht - Holland Animation Film Festival
Linz - Ars Electronica
Regensburg - Kurzfilmwoche
2017
Zilina Fest Anca - Festival of Animated Films