Menschen am Sonntag

In Menschen am Sonntag sehen wir eine Gruppe von Leuten in einem Raum Pizza essen, trinken, sich unterhalten, vielleicht ein Fest feiern. Der Raum ist klein, verweigert Übersicht. Die Pizza wird geschnitten und an die Gäste verteilt – und die Kamera schneidet den Raum und alles, was darin ist, was sich bewegt, in handhabbare Stücke. Draußen scheint die Sonne und wirft Lichtkegel auf die Körper und Gesichter. Hier und da flutscht ein Lächeln vorbei. Hände fliegen vor dem Fenster auf und ab. Ein T-Shirt schiebt sich vor die Projektion eines Doppelporträts, es wird gelüftet, das Porträt erscheint auf dem nabel-gepiercten Bauch.

Dann ändert sich der Rhythmus ein wenig, und alles wird etwas langsamer. Die Perspektive kippt. Wieder sehen wir das Schneiden und Verteilen der Pizza, bedachtsam wird sie entgegengenommen, fast schon ein Ritual. Das Rollo wird heruntergelassen. Inmitten der Gesichter auf einmal ein Paar Stiefel, jemand sitzt oben, vor einer Leiter. Das Bild steht Kopf. Ein weißes Bein, ein schwarzer Schuh, die Hand eines Mannes greift ein und öffnet den Riemen. Die Frau kommt von der Leiter herunter, ihr Kleid – mit Korsett – und ihr Haar steigen vom unteren Rand in das Bild hinein. Am Ende steht ein Poster von Peter Kubelka vor seinem „Arnulf Rainer“ Kaderplan.

Friedl vom Göller begann 2006 an Menschen am Sonntag zu arbeiten. Erst der Schnitt von Jackie Raynal, der auch die Anschlüsse in Fluss bringt, ermöglicht es der Künstlerin, den Film abzuschließen. Die Kamera ist so mobil, wie wir es bei ihren Filmen selten sehen. Menschen am Sonntag ist kein Porträt und bildet auch nicht die Reaktionen von Menschen ab. Der Film ist vielmehr eine Art Übung darin, das Bewegte zu bewegen. Er tut dies, indem er den Raum und die Körper zerteilt. Die Teile sind Teile eines dynamischen Puzzles. Sie sind sich selbst genug und genießen die Abwesenheit eines Ganzen, das allenfalls im Kopf des Betrachters entstehen kann.

(Sylvia Szely)

Orig. Titel
Menschen am Sonntag
Jahr
2006 - 2011
Land
Österreich
Länge
3 min
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
kein Ton
Downloads
Credits
Regie
Friedl vom Gröller
Konzept & Realisation
Friedl vom Gröller
Schnitt
Jackie Raynal
Verfügbare Formate
16 mm (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,37
Tonformat
Stumm
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
s/w
Festivals (Auswahl)
2011
Viennale - Vienna Int. Film Festival
2012
Osnabrück - EMAF - European Media Art Festival
Graz - Diagonale, Festival des österreichischen Films