Marbleu

Ein Besuch im Atelier von Françoise Marbleu. Unter dem stoffbehangenen Glasdach sitzt die französische Künstlerin in einer Ecke des Studios und ist von ihren gerahmten Objets trouvés und Malereien umgeben. Sie blickt in den Raum hinein, später etwas bemüht freundlich in die Kamera. Der Griff in die Haare verrät sachte Widerstände beim Gefilmt werden. Ihre mitunter von Fotografien abgefilmten Objekte versammeln hingegen bühnengleich Ephemera der Erinnerung. Eine Fotografie des Schriftstellers Romain Gary dient als Ziffernblatt einer gefederten Kupferuhr, Spiegel an den Innenwänden der hölzernen Schubladen und Uhrenkästen geben den oft häuslichen Gegenständen eine räumliche Tiefe und Haptik. Zerbrochene Porträts, kleine Figuren, Scheren und Schlüssel: ein Blick in die Krypta der vergessenen Dinge.

So öffnen sich in Marbleu nicht nur die Türen des Ateliers, sondern ebenfalls mögliche Überlegungen zum Verhältnis von Film, Porträt und der Collage-Arbeit der Künstlerin. Wie in den Negativtiteln des Films zeigen sich in den Schaukästen Verfahren der Umkehrung. Das Sammeln von Bildern und Objekten, von Einstellungen und Größenverhältnissen, von Erinnerungen und Gesichtern schafft hier Verbindendes. Ein Sinn für die Vergänglichkeit der Zeit stellt sich in den Assemblagen der vermeintlich alltäglichen Objekte, aber auch im Film selbst ein. Wie Freud in seiner Notiz über den Wunderblock schrieb, liefert die Kamera als Hilfsapparat eine dauerhafte, aber doch nur begrenzte Erinnerungsspur des Vergangenen. Die Fähigkeiten des Gedächtnisses sind dagegen flüchtig und dennoch unbegrenzt. Das Filmporträt und die versammelten Memorabilia gleichen sich so im Versuch, dem Dargestellten sein verdecktes Wesen abzuringen. (Jan-Hendrik Müller)

Orig. Titel
Marbleu
Jahr
2025
Land
Österreich
Länge
3 min
Kategorie
Experimental
Orig. Sprache
Kein Dialog
Credits
Regie
Friedl vom Gröller
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
4:3
Tonformat
Stumm
Farbformat
s/w